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Volle Konzentration auf das Turnerheim

Der TV Wunsiedel stößt sein Sportgelände am Turnerheimweg ab. Mit dem Erlös aus dem Verkauf soll das vereinseigene Gebäude generalsaniert werden.

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An den Sportplatz des Turnvereins (TVW) 1861 Wunsiedel knüpfen viele Einheimische schöne oder weniger schöne Erinnerungen – vor allem diejenigen, die in Wunsiedel früher die Schule besucht haben. Denn die Sportstätte war lange Jahre der Ort für die Ausrichtung der Bundesjugendspiele der Wunsiedler Bildungseinrichtungen. Jetzt sind Aschenbahn und Rasenplatz Geschichte, denn der TVW um seinen Vorsitzenden Simon Ruckdeschel hat nun nach Jahren der Überlegung das Gelände verkauft. 


Die Turner aus Wunsiedel hätten wie viele andere Vereine auch das Problem, dass sich kaum ein Mitglied noch ehrenamtlich engagieren will, erklärt TVW-Vorsitzender Simon Ruckdeschel. „Schon gar nicht im Bereich Liegenschaftsverwaltung.“ Deshalb habe sich der Verein nach reiflicher Überlegung von 15 000 Quadratmetern des Vereinsgeländes getrennt. Ein letzter Ansatz, den Sportplatz im Vereinsbesitz zu erhalten, sei das Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“ gewesen, das unter dem Motto „Rettet die Bienen“ einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Die Vereinsmitglieder hätten in den vergangenen Jahren überlegt, den Rasen in große Blühflächen zu verwandeln, die dann auch den Brunnenschmückern zum Brunnenfest zur Verfügung hätten stehen sollen. „Den Plan, eine riesige Blühwiese zu schaffen, haben wir endgültig verworfen“, sagt Ruckdeschel. Dies sei vor allem eine Sache des Preises gewesen. Pflege, Saatgut und vor allem das Mähen nach der Blüte wären nicht zu finanzieren gewesen.

 


Geld für Sanierung

Deshalb hätten sich die Mitglieder entschlossen, das Sportgelände zu verkaufen. „Wir haben einen guten Preis erzielt und wollen das Geld jetzt komplett in die Sanierung des Turnerheims investieren“, freut sich der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Gekauft habe das Gelände eine Holding, die bereits einen Teil des Areals im Osten erworben hatte und deshalb auch das Vorkaufsrecht für die restliche Fläche besaß. Dort soll ein Discounter entstehen; der Bauantrag dazu ist bereits seit Langem von der Stadt Wunsiedel genehmigt.

Irgendwann soll nun dort, wo sich früher Sportler zu Höchstleistungen aufschwangen, ein Wohngebiet entstehen. Dazu sei allerdings für das jetzt als Mischgebiet ausgewiesene Gebiet eine Bauleitplanung notwendig. Zudem liege der Platz in einem Überschwemmungsgebiet. „Obwohl sich mein Vater Friedrich daran erinnert, dass der Platz in seiner langen Zeit beim Turnverein nur einmal überschwemmt war“, betont Ruckdeschel. Deshalb sei auch ein Regenrückhaltebecken im Bereich des Schönlinder Wegs oberhalb des Radweges Voraussetzung für ein Wohngebiet.

 


Termin beim Notar

Dabei haben sich die Turner den Verkauf nicht leicht gemacht. „Wir haben lange überlegt und in verschiedene Richtungen gedacht“, blickt der ehemalige Zehnkämpfer zurück. Abgeschlossen war das Thema dann endgültig mit dem Termin beim Notar Ende Juni. Nach dem Verkauf habe der Verein das Gelände noch einmal für das Sommerfest nutzen dürfen und dafür den Rasen ein letztes Mal gemäht. Damit geht eine über 60-jährige Ära zu Ende. 

Die Einweihung des Sportplatzes hatte im Jahr 1961 zum 100-jährigen Bestehen des Vereins stattgefunden. Seitdem nutzten vor allem die Leichtathleten – und eben Schulen – denn Platz für Vereinsmeisterschaften und Bundesjugendspiele. Für größere Veranstaltungen war vor allem die Aschenbahn nicht geeignet. Das lag nicht etwa am Belag – Asche war früher Standard – die 400-Meter-Bahn war schlichtweg um 40 Meter zu kurz. Nicht nur deshalb überlegte der TVW in den 1980er-Jahren, das Stadion in Eigenregie zu bauen. Dies habe aber zum „Wohle der Sportstadt Wunsiedel“ die Stadt selbst übernommen, sagt Ruckdeschel.

Eine Renaissance erfuhr der Platz noch einmal, als die Fußballer des ASV Wunsiedel ihre Heimspiele am Turnerheimweg austrugen. „Das war eigentlich keine schlechte Lösung“, blickt der TVW-Vorsitzende zurück. Schließlich hätten sich hier zwei Vereine die Platzpflege geteilt. Die Fußballer hätten sich allerdings anders entschieden, seien wieder in den Schönlinder Weg gezogen und hätten dort einen Nebenplatz gebaut.

Bei der Sanierung des Turnerheims, das 1963 eingeweiht wurde und damals 145 000 Mark gekostet hatte, würden die Mitglieder derzeit ebenfalls noch in verschiedene Richtungen denken. Zum einen können sich die TVW-Verantwortlichen vorstellen, das Gebäude wieder gastronomisch zu nutzen und an einen Interessenten, wie bereits vor Jahren geschehen, zu verpachten. Dafür spreche die gute und zentrale Lage, denn nur eine Querstraße weiter nördlich führt der Brückenradweg vorbei. Zudem bleibt der Verein im Besitz des Parkplatzes vor dem Vereinsheim sowie von einigem Grund rund um das Gebäude.

Gute Nutzung

Eine weitere Alternative sei, dass der Verein das Haus, in dem auch die Einliegerwohnung aufgelassen werden soll, selbst nutzt. Vereine und Privatleute könnten dann die Räume für Feiern anmieten. „Das wird auch heute schon gut genutzt“, weiß Ruckdeschel. Auf jeden Fall soll das Turnerheim, das der Verein in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre bereits auf Vordermann gebracht hat, energetisch autark werden. So sei unter anderem eine Fotovoltaikanlage angedacht, um vom Stromnetz und einer Heizung unabhängig zu sein. Am Ende sollen die künftigen Mitglieder die nächsten 50 Jahre keine Probleme mit dem Heim haben.

Und auch finanziell sei dies trotz der Pandemie kein Drahtseilakt. „Der Verein steht finanziell auf gesunden Füßen“, erklärt Ruckdeschel. Dank der Übungsleiter hätten die Abteilungen guten Zulauf, vor allem im Kinder- und Jugendbereich. Allerdings betont der ehemalige Sportler und verweist damit wieder auf das ehrenamtliche Engagement: „An Übungsleitern kann man nie genug kriegen.“

Frankenpost 10.08.2022

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